Strategie bedeutet ganz allgemein einen umfassenden Plan zu haben zur Umsetzung eines oder mehrerer Ziele. Der Begriff wurde früher im Rahmen der Kriegskunst verwendet und bezog sich insofern auf Gruppen, die Kriege führen, ist inzwischen ausgeweitet auf alle möglichen Zielsetzungen. Bezeichnend zur Zielerreichung ist, dass es dafür keine absolute Sicherheit gibt. Dennoch muss ich zur Zielfindung wissen was ich will bzw. was gewollt wird.
So einfach sich die Erklärung des Begriffs Strategie darstellt, so schwierig kann es für den Einzelfall sein, eine Strategie zu haben, insbesondere wenn es nicht nur um rein rationale Ziele geht. Denn dies unterlegt der Begriff Strategie, Ziele zu haben, die einer Vernunft zuzuordnen sind. Doch was ist vernünftig? Für die eine Gruppe ist Kriegskunst und –führung vernünftig, für eine andere Gruppe unvernünftig, denn Kriege bedingen Schäden an Leib und Seele. Im Falle meiner Kinderheimeinweisung erlebte ich eine seelische Katastrophe, für die Erwachsenenwelt war es die beste Option. Mit dem Begriff Vernunft war ich als Kind nicht zu erreichen und meine Gefühlswelt kollabierte. Ich sah meine naturgegebene Kindesentwicklung in einer Familie als nicht mehr erreichbar und wollte es zunächst nicht wahrhaben wollen. Die zuvor gekannten Freiheitsgrade, meine Selbstbestimmtheit wurde mit der Gewalt professioneller Erwachsener versucht zu begrenzen. Es gab es einfach nicht, ein selbstbestimmtes Kind, denn es hatte dem Diktat der Erwachsenen zu folgen und bei Nichtbeachtung gab es Gewalt in allen Varianten. Mein persönliches Ziel, das Kinderheim zu verlassen, hielt ich plötzlich für nicht mehr erreichbar und das Gefühl der Ohnmacht stellte sich ein. Ich musste mich auf die neue Situation einstellen und passte mich aufgrund der Gewaltexzesse recht schnell an. Der eigene Wille, die Selbstbestimmtheit wurde quasi eingefroren, zu genügen war der Fremdbestimmung durch Erwachsene. Wie konnte ich daraus eine Strategie entwickeln?
Ich behielt meine Strategie, in einer Familie wieder leben zu wollen, stets im Hinterkopf. Die Selbstbestimmtheit aus jungen Kindertagen blieb mir wichtig. Kraft schöpfte ich aus der Liebe meiner Ursprungsfamilie und den Verlust betrauerte ich auf meine kindliche Weise. Ich hatte Erfolg damit, denn nach vielen Jahren wurde mir eine Ersatzfamilie bewilligt und konnte meine eingefrorene Selbstbestimmtheit zum Auftauen bringen.
Mit der Heimeinweisung erlebte ich den Tod meiner Ursprungsfamilie, was die Erwachsenenwelt nicht verstand und auch die Fachwelt nicht nachvollziehen will, weil sie den Begriff Tod für diese Situation nicht anwendet. Zudem existierte ja noch ein Teil meiner Ursprungsfamilie, jedoch sie war für mich als Kind nicht erreichbar und insofern tot. Ich trauerte. Mit Tod und Trauer beschäftigt sich die psychologische Fachwelt, die Psychotherapeutin Verena Kast beschreibt in ihrem Buch Trauern ein einfaches Trauermodell, das ich auf meine Situation anwenden konnte. Entscheidend ist dabei der Umgang mit der Gefühlswelt, denn die Vernunft weiß um das Selbstverständnis der Natur von Leben und Tod. Doch das interessierte meine Erzieher nicht. Gefühlsausbrüche hatten nicht zu sein und wurden sanktioniert. Ich konnte dennoch meine Trauer leben, dafür reichte noch die Zeit vor dem Einschlafen.
Abgeleitet aus dem Selbstverständnis der Natur von Leben und Tod bedeutet nach meinen kindlichen Erfahrungen der Tod einen gravierenden Verlust. Zur Strategiefestlegung ist es wichtig, das Ziel klar zu benennen, um daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Durch meine Heimeinweisung wurde ich einer naturgegebenen kindlichen Aufzucht in einer Familie beraubt unter Aufgabe meiner kindlichen Selbstbestimmtheit. Eine Beschädigung der kindlichen Selbstbestimmtheit ist Kindesmissbrauch. Als Kind wäre mir nur Heilung möglich gewesen durch begleitende Unterstützung in einer Ersatzfamilie. Dies erfolgte nicht, sodass mein in mir lebendes Kind nicht heilbar ist und ich als Erwachsener einen Zugang zu meinem inneren Kind führe, in dem ich es mit Du adressiere. Dies ist mit Verlustverarbeitungsstrategien resp. Trauerverarbeitung machbar, wenn auch zuweilen begrenzt. Denn Trauern ist oft nicht möglich, wenn die kindlichen Verletzungen traumatisch wirken und damit pathologisch sind, d.h. Kranksein bedeuten. Dann ist zunächst das Trauma zu behandeln mithilfe spezialisierter Fachleute wie Ärzte und Psychotherapeuten. Trauern ist hingegen keine Krankheit, kann jedoch zur Erkrankung führen. Die Grenzziehung ist oft fließend und ist von Fachpersonal zu beachten.
Der persönlich zu bestimmende Heilungsgrad ist letztlich nur vom Betroffenen selbst zu erkennen und bedarf quasi einer Qualifizierung zum Experten in eigener Person und einer Kommunikation auf Augenhöhe.